Der Gesamtverband Schadstoffsanierung (GVSS) hat Handlungsempfehlungen zum Umgang mit asbesthaltigen Brandschutzklappen erstellt. Obwohl die Thematik nicht neu ist, fehlten bisher Informationen und Lösungsansätze zu in der Praxis auftretenden Fragestellungen. Die neuen Handlungsempfehlungen stellen die komplexen Aufgabenstellungen beim Umgang mit asbesthaltigen Brandschutzklappen im Gebäudebestand unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnisse sowie rechtlicher Vorgaben und Entwicklungen dar. Damit ist ein praktikabler und ordnungsgemäßer Umgang mit asbesthaltigen Brandschutzklappen bei der Wartung und beim Ausbau möglich.
Ein zügiger Austausch aller asbesthaltigen Brandschutzklappen (BSK) ist nach Einschätzung des GVSS im Hinblick auf den Gesundheitsschutz der Gebäudenutzer generell anzustreben. Aufgrund ihrer großen Anzahl und der hohen Kosten für einen Austausch wird sich dies nicht innerhalb weniger Jahre umsetzen lassen. Somit müssen Wege gefunden werden, um übergangsweise einen sicheren Weiterbetrieb der alten asbesthaltigen Klappen zu ermöglichen. Die Expertinnen und Experten des Verbandes haben ihren Kenntnisstand im Umgang mit asbesthaltigen Brandschutzklappen zusammengetragen und daraus neue Handlungsempfehlungen [1] entwickelt. Sie richten sich an Betreiber und Gebäudeeigentümer, Baufachleute sowie Fachfirmen aus den Bereichen Technische Gebäudeausrüstung (TGA)und Brandschutz. Ziel ist es, aus Sachverständigensicht Handlungsempfehlungen für den sicheren Umgang mit asbesthaltigen Brandschutzklappen zu geben, solange keine konkretisierenden Vorgaben von staatlicher Seite oder den Berufsgenossenschaften vorliegen.
Noch sind viele asbesthaltige Brandschutzklappen verbaut
Bis Ende der 1980er-Jahre wurde Asbest als vielseitiges Baumaterial weit verbreitet verwendet und kam wegen seiner sehr guten technischen Eigenschaften bis Ende des Jahres 1988 auch in Brandschutzklappen zum Einsatz. Neben dem asbesthaltigen Klappenblatt selbst und – je nach Hersteller – weiteren asbesthaltigen Bauteilen bestanden vor allem die Anschlagdichtungen aus einem asbesthaltigen Schaumstoff(Produktname: „Litaflex KG 25“). Alle diese Bauteile sind als „schwach gebundene Asbestprodukte“ einzustufen. Bei Tätigkeiten an Asbestprodukten sind die Arbeitsschutz-Regeln nach TRGS 519 [2] zu beachten. Für bestehende Gebäude sind alle Eigentümer baurechtlich verbindlich aufgefordert, eine mögliche Sanierungserfordernis aufgrund schwach gebundener asbesthaltiger Baustoffe fachkundig beurteilen zu lassen. Seit 1989 bildet hierfür die Asbestrichtlinie [3] die Grundlage. Sie schreibt entsprechend der Bewertungsergebnisse eine sofortige Sanierung oder eine regelmäßige Neubewertung in Abhängigkeit vom Produktzustand und der Nutzung der jeweiligen Räume des Gebäudes vor. Die Problemstellung der alten asbesthaltigen Brandschutzklappen ist immer noch aktuell, da sich nach einer groben Schätzung noch deutlich mehr als 500.000 von ihnen weiterhin in Betrieb befinden. Selbst die „jüngsten“ asbesthaltigen Brandschutzklappen haben nun über 30 Betriebsjahre hinter sich, viele noch deutlich mehr. Nach dieser Zeit zeigen viele Brandschutzklappen deutliche Alterungserscheinungen, insbesondere an den Anschlagdichtungen aus Asbestschaumstoff. Damit stellt sich auch die Frage nach möglichen Gefährdungen der Gebäudenutzer, falls Asbestfasern ins Lüftungssystem abgegeben werden. Darüber hinaus können Personen, die regelmäßig Inspektionen und Wartungen von Brandschutzklappen durchführen, Asbestfasern ausgesetzt werden.
Asbestrichtlinie soll angepasst werden
Die Asbestrichtlinie sah bei ihrer Einführung 1989 eine pauschale Einstufung von asbesthaltigen Brandschutzklappen ohne individuelle Überprüfung in die Dringlichkeitsstufe III vor. Danach besteht kein direktes Sanierungserfordernis, eine Neubewertung ist langfristig, längstens nach fünf Jahren notwendig. Diese Einstufung geschah aufgrund der Einschätzung, dass im normalen Betrieb von unbeschädigten Klappenblättern und -dichtungen auszugehen war und dass diese nach damaliger Einschätzung auf Basis einer kleinen Studie kaum Fasern freisetzen. Diese damalige Einschätzung wird durch die Alterungsprozesse zunehmend kritisch bewertet, zumal sich die Asbestprodukte im Luftstrom befinden und regelmäßig Prüftätigkeiten an den Asbestprodukten durchgeführt werden müssen. Der aktuelle Entwurf zur Änderung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) mit Stand Januar 2021 sieht daher eine Anpassung der Asbestrichtlinie (Anhang 16) vor. Asbesthaltige Brandschutzklappen sind gemäß Entwurfsfassung statt der bisherigen Regeleinstufung – Einstufung in die Dringlichkeitsstufe III ohne Anwendung des Formblatts – zukünftig einer individuellen Bewertung ohne Anwendung des Formblatts zu unterziehen. Dabei ist zusätzlich gemäß REACH-Verordnung Nr. 1907/2006 [4] Anhang XVII, Nr. 6 zu beachten, dass asbesthaltige Brandschutzklappen nur bis zum Ende ihrer Nutzungsdauer verwendet werden dürfen. Mit dieser vorgesehenen Anpassung erhält der Gesundheitsschutz mehr Aufmerksamkeit und es wird die baurechtlich verankerte Vorgabe umgesetzt, dass im eingebauten Zustand von kanzerogenen Stoffen keine potenzielle Gefährdung für die Gesundheit des Menschen ausgehen darf (vgl. MVV TB Anhang 8 ABG – Anforderungen an bauliche Anlagen bezüglich des Gesundheitsschutzes).
Das Gefahrstoffrecht macht Vorgaben
Gemäß der vom Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) im Oktober 2018 veröffentlichten Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung [5] unterliegt die Prüfung asbesthaltiger Brandschutzklappen einer Anzeige- und Sachkundepflicht (Abschnitt I 2.5). Nach Prüfvorgängen werden Freimessungen gemäß den Vorgaben der LASI dann notwendig, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass Asbestfasern im Rahmen der Wartung durch die Auslässe der Lüftungsanlage in die Räume gelangen, die an die Lüftung angeschlossen sind. Der Verdacht auf eine Freisetzung von Asbest ist laut LASI bereits begründet, wenn im Rahmen von Wartungsarbeiten die asbesthaltigen Brandschutzklappen nur inspiziert werden und hierzu der Revisionsdeckel geöffnet wird. Das Wartungsunternehmen hat daher immer vorab eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Die Prüfung auf Asbest hat nach Klappentyp, dem Alter und dem Zustand der Klappe und entsprechend dem Umgang mit dem Material zu erfolgen. Befinden sich die Asbestprodukte innerhalb der Klappen in einem ordnungsgemäßen Zustand, ist grundsätzlich keine Belastung durch Öffnung des Revisionsdeckels zu erwarten. Der Verdacht einer Asbestexposition ist allerdings nicht erst begründet, wenn im Rahmen der Wartungsarbeiten die asbesthaltigen Brandschutzklappen ausgelöst und rückgestellt werden, sondern wenn der Klappenzustand nicht in Ordnung ist. In diesem Fall muss mit Fasern auch vor Auslösung der Klappe, z.B. durch Ablagerungen im Kanal, gerechnet werden. Nach LASI-Einschätzung sollen alle Räume freigemessen werden, die an die gewarteten Lüftungsstränge angeschlossen sind und über Auslässe verfügen, bei denen es sich um eine Zuluft-Anlage in die Räume handelt. Denn in diesem Fall kann eine Kontamination der Räume nicht ausgeschlossen werden. Wird bei der Beurteilung der Ergebnisse das Arbeitsstätten- und nicht das Gefahrstoffrecht zugrunde gelegt, wären lediglich ubiquitär vorhandene Konzentrationen akzeptabel. Weiterhin führt die LASI-Veröffentlichung LV 45 in der Ergänzung von 2018 nochmals zur Klarstellung aus, dass der Ausbau von asbesthaltigen Brandschutzklappen ausschließlich von behördlich zugelassenen Fachfirmen gemäß Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) [6] Anhang I Nummer 2.4 Absatz 4 durchgeführt werden darf, sofern kein emissionsarmes Verfahren nach TRGS 519 Nummer 2.9 angewendet wird. Für den Aufsichtsführenden ist dann die Sachkunde nach Anlage 3 der TRGS 519 nachzuweisen und die Schutzmaßnahmen sind nach Abschnitt 14 der TRGS 519 umzusetzen.
Sie lesen einen Auszug aus Ausgabe 3.2021 der Fachzeitschrift TI – Technische Isolierung ...
Möchten Sie weiterlesen? Dann testen Sie die Fachzeitschrift unverbindlich im Probeabo mit zwei kostenlosen Ausgaben!
Autoren:Dipl.-Ing. Sandra Giern
Geschäftsführerin des Gesamtverbands Schadstoffsanierung (GVSS) und Abteilungsleiterin beim BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft für die Bereiche Abfallbehandlung, Logistik und Sonderabfall, Berlin
info@gesamtverband-schadstoff.de
Dipl.-Geoökol. Olaf Dünger
Bereichsleiter Gebäudeschadstoffe Competenza GmbH, Ratingen
o.duenger@competenza.com