Die Prüföffnung vom Empfangsraum zum Hallraum im Bauakustiklabor des TFI – Institut für Bodensysteme an der RWTH Aachen (Quelle: G+H Schallschutz)

Ausführung

22. July 2021 | Teilen auf:

TFI Aachen prüft Produkte im neuen Bauakustiklabor

Seit Jahresbeginn werden im neuen Bauakustiklabor des TFI – Institut für Bodensysteme in Aachen unter anderem Bodenbeläge hinsichtlich ihrer Tritt- und Gehschall-Eigenschaften geprüft. Mit dem Engineering, der Lieferung und dem Aufbau der Prüfstände ­war die G+H Schallschutz GmbH beauftragt.

Im Dezember 2020 weihte das TFI – Institut für Bodensysteme, das zur RWTH Aachen gehört, sein neues Bauakustiklabor ein – nicht einmal sechs Monate nach dem Start der Bauplanung. Das Labor ermöglicht den Forscherinnen und Forschern des TFI seither die Überprüfungen des Geh- und Trittschalls [1], der Luftschalldämmung sowie der Absorptionseigenschaften diverser Materialien und Bauprodukte nach neusten Standards. Dadurch können Hersteller von Wand-, Decken- und Bodenmaterialien oder anderer Innenraumausstattungen die akustischen Eigenschaften ihrer Produkte prüfen lassen. Mit dem Engineering, der Lieferung und dem Aufbau der Prüfstände wurde die G+H Schallschutz GmbH beauftragt. Eine besondere Herausforderung stellten dabei unter anderem die vorhandenen räumlichen Kapazitäten dar. Denn das Technikum des TFI setzte der Größe des Neubaus Grenzen. „Die gesamte Anlage musste sehr kompakt gebaut werden. Trotzdem sollte sie die Möglichkeit bieten, viele unterschiedliche Prüfungen miteinander zu verknüpfen“, erläutert Kai Brochhagen, Divisionsleiter Industrieschallschutz bei G+H Schallschutz. Darüber hinaus stellte die Forschungsumgebung besondere Ansprüche an die schallschutztechnische Konstruktion des Raums. „Ein Raum sollte sowohl für Messungen des Tritt- als auch des Gehschalls nutzbar sein. Das mussten wir bei der Planung und Installation berücksichtigen“, so Brochhagen.

Hohe Schallschutzanforderungen

Das Labor besteht aus einem großen Hallraum, in welchem die Schallabsorption ­bestimmt wird, sowie zwei kleineren, überei­nander angeordneten Hallräumen. Sie dienen als Sende- und Empfangsraum für Messungen des Geh- und Trittschalls. Des Weiteren befindet sich zwischen dem Hallraum und dem unteren Trittschallraum eine Prüföffnung zur Luftschallmessung. Die Räume mussten für diese Zwecke optimal miteinander kombiniert werden. Die Auswahl des Messequipments erfolgte mit beratender Unterstützung durch G+H. Die Beschaffung blieb jedoch in den Händen des TFI. Somit konnte das Messequipment bereits baubegleitend beschafft werden. „G+H Schallschutz ermöglichte uns somit, die Räume und Prüfstände bereits während des Baus und der Installation kennenzulernen und zu testen“, erläutert Dr. Bayram Aslan, In­stitutsleiter des TFI. „Dies war für die spätere reibungslose Inbetriebnahme enorm wichtig.“

Ausstattung des großen Hallraums

Der im Erdgeschoss eingerichtete große Hallraum ist elastisch vom umgebenden Hallenboden körperschallentkoppelt aufgebaut (siehe Abb. 4). Für die flächige Abtragung seines Gewichts auf den Hallenboden ruht die separate Bodenplatte, auf welcher der Hallraum aufgebaut ist, auf G+H-Körperschalldämmplatten des Typs Vibrafoam. Die Resonanzfrequenz des G+H-Schwingsystems ist auf f < 20 Hz eingestellt. Der Hallraum ist mit Diffusoren unterschiedlicher Größe ausgerüstet. Diese sind über Schienen in der Decke an Stahlseilen abgehängt. Die Einmessung und Justierung der Diffusoren und damit die Einstellung des Diffusfeldes erfolgte nach ISO 354 Annex A2 durch G+H-Messingenieure des Acoustic Competence Centers (ACC).

Der Raum ermöglicht zwei Arten von Messungen: die Bestimmung des Absorptionsgrades sowie der Luftschalldämmung. Beide Verfahren erfordern unterschiedliche Nachhallzeiten. Für Erstere müssen sie möglichst lang, für Letztere hingegen eher kurz sein und in einem nach ISO 10140-2 vorgegebenen Bereich liegen. Mobile Absorber und Resonatoren an den Wänden und am Boden schaffen hierfür die erforderlichen unterschiedlichen Voraussetzungen. Die Absorber stammen aus der Typenreihe G+H SONEX WF. Das ACC der G+H Group hatte sie speziell für diesen Zweck weiterentwickelt.

Bautafel
Großer Hallraum
Volumen: 222 m³ für Messungen der ­Schallabsorption nach ISO 354

Kleine Hallräume

Volumen des oberen Raums ­(Senderaum): 62,2 m³ Volumen des unteren Raums (Empfangsraum): 50,9 m³ für Messungen des Geh- und Trittschalls nach ISO 10140 bzw. nach EN 16205

Kleine Prüföffnung

Maße: B × H = 1250 × 1500 mm zur Messung der Luftschalldämmung nach ISO 10140.

Die kleinen Hallräume

Zwei kleinere Hallräume sind mit identischem Grundriss übereinander angeordnet (siehe Abb. 3). Deren Maße sind so gewählt, dass sie innerhalb der Bolt-Fläche [2] liegen. Die Zwischendecke ist so dimensioniert, dass sie der Norm entspricht. Auch diese Räume sind komplett elastisch vom bestehenden Hallenboden entkoppelt aufgebaut. Deren separate Bodenplatte ruht ebenfalls auf G+H Körperschalldämmplatten des Typs Vibrafoam. Die Resonanzfrequenz des G+H-Schwingsystems ist auf f < 20 Hz eingestellt. Für die Erzeugung des Gehschalls kommt ein Hammerwerk zum Einsatz. Bei den Messungen soll jedoch der dadurch erzeugte Luftschall möglichst keine Rolle spielen. Zur Unterdrückung der Flankenübertragung ergriffen die G+H-Schallschutzexperten folgende Maßnahmen:

Die Wände des oberen Raums (Senderaum) erhielten Vorsatzschalen des Systems G+H SONEX K. Sie sind vom Boden und der Decke durch Elemente des Systems G+H Vibrafoam elastisch entkoppelt. Der untere Raum (Empfangsraum) ist von der Trenndecke und damit vom Senderaum unter vollflächiger Lagerung, bestehend aus Körperschalldämmplatten des Typs G+H Vibrafoam, elastisch entkoppelt.

Kleine Prüföffnung misst das Schalldämmmaß von Bauprodukten

Zwischen dem großen und dem benachbarten kleinen Hallraum (Empfangsraum) ist eine Prüföffnung gemäß Norm eingearbeitet (siehe Abb. 1). Diese dient dazu, das Schalldämmmaß von Bauprodukten wie Wand-, Decken- oder Bodensysteme zu bestimmen. Wird die Prüföffnung nicht genutzt, ist sie mit leicht demontierbaren Elementen des Typs G+H SONEX K beidseitig verschlossen. Die Grenzschalldämmung wird nach ISO 10140-2 mit R’w > 68 dB bestimmt.

Schnelle Abwicklung trotz Corona

Knapp sechs Monate dauerte es vom Planungsbeginn bis zur schlüsselfertigen Übergabe des Akustiklabors an das TFI Aachen. Die Arbeiten waren zwar von zusätzlichen, durch die Corona-Pandemie bedingten Schutzmaßnahmen betroffen. „Unser großer Vorteil war jedoch, dass keine weiteren Unternehmen an dem Projekt beteiligt waren“, resümiert G+H-Projektleiter Thomas Höfer. „Wir mussten uns nur mit dem TFI-Team abstimmen.“ So gab es beispielsweise getrennte Wegführungen und Waschräume. Höfer: „Die Teams voneinander auf Distanz zu halten, war völlig unproblematisch.“ nstitutsleiter Dr. Bayram Aslan zeigte sich mit dem Ergebnis und dem Projektverlauf zufrieden: „Die Zusammenarbeit mit G+H Schallschutz verlief auf Augenhöhe. Die gute Kommunikation zwischen uns und dem G+H-Team hat die kurze Bauzeit ermöglicht.“

Über das TFI
Das TFI – Institut für Bodensysteme an der RWTH Aachen befasst sich u.a. mit der Prüfung, Überwachung und Zertifizierung von Bauprodukten unter Sicherheits-, Gesundheits- und Qualitätsaspekten. Die Forschung erstreckt sich über den gesamten Lebenszyklus von Belägen, vom Einsatz der Rohstoffe über die Herstellung, Vermarktung, Installation und Nutzung bis zu ihrer späteren Entsorgung. Mehr unter: www.tfi-aachen.de .

Begriffserläuterungen

Begriffserläuterungen:

[1] Erläuterung Trittschall:
„Trittschall ist eine besondere Form von Körperschall, der durch die Bewegung von Menschen und Tieren auf einem Fußboden entsteht. Auch Schall, der durch die Einwirkung von haushaltsüblichen Gegenständen auf den Fußboden entsteht, wird als Trittschall behandelt, da sich Schallübertragungsweg und Auswirkungen entsprechen. (…) Als Gehschall wird der an den Raum abgestrahlte Anteil der bei den beschriebenen Vorgängen entstehenden Geräuschen bezeichnet. Gehschall ist also Luftschall und kein Körperschall.“ Quelle: Wikipedia

[2] Erläuterung Bolt-Fläche:
Bolt et al haben in ihrer Forschung herausgefunden, in welchen Raumdimensionen Moden nicht stark ausgeprägt und so gleichmäßige Hallfelder zu erzielen sind. Indem die Raumlänge und -breite zur Höhe ins Verhältnis gesetzt wird, entsteht eine Fläche, die durch Umrandung gekennzeichnet ist.

Autor
Ulf Möhrke
Fachjournalist
info@easyword-do.de

zuletzt editiert am 15.09.2021