Bei Bauprojekten kommen immer häufiger nachhaltige Produkte zum Einsatz. Für die Planung sind Umweltproduktdeklarationen (EPDs) entscheidend, die sich bereits in vielen Branchen etabliert haben. EPDs basieren auf einer Ökobilanz und beinhalten umfassende Umweltdaten, die durch unabhängige Gutachter geprüft wurden. Im Sinne eines Nachhaltigkeitspasses bilden die Deklarationen die Grundlage für eine integrale Planung grüner Gebäude.
Um Bauprodukte in ihrer Komplexität und Nachhaltigkeitswirkung zu bewerten, ist eine Lebenszyklusbetrachtung (engl. Life Cycle Assessment) erforderlich, die im Deutschen auch als Ökobilanz bezeichnet wird. Darunter versteht man die Bilanzierung und Bewertung der sich bei der Herstellung eines Produkts ergebenden Stoffflüsse und Umweltauswirkungen im Verlauf des Einsatzes und seiner Entsorgung. Nur mithilfe einer solchen Ökobilanz können alle Aspekte berücksichtigt werden, die kumuliert oder sequenziell betrachtet eine relative Bewertung des Produktes zulassen. Grundlage ist die ISO 14044, die gemeinsam mit der ISO 14040 den Standard für eine ISO-konforme, allgemein akzeptierte Lebenszyklusanalyse darstellt. Die Normenreihe gilt produktunabhängig für sämtliche Untersuchungen. Das Ergebnis einer Ökobilanz sind Datensätze, welche die verschiedenen Umwelt(aus)wirkungen beschreiben, z.B. globale Erwärmung, Ozonabbau oder Versauerung. Die Ökobilanz-Daten werden nach definierten Regeln aufgenommen und anschließend in Form von Umweltproduktdeklarationen (Environmental Product Declarations, EPDs) strukturiert zur Verfügung gestellt.
EPDs nach EN 15804

In der europäischen Norm EN 15804 werden die Regeln für sogenannte Typ III Umweltdeklarationen beschrieben, die als Basis für Umweltproduktdeklarationen in Europa verwendet werden sollen. Mit den Festlegungen in der EN 15804 wird gewährleistet, dass ökobilanzierte Informationen zur Umweltwirkung vorliegen. Diese Informationen betreffen z.B. den Energieeinsatz, den Ressourcenverbrauch oder den Recyclinganteil. Aussagen zu Umweltauswirkungen wie Überdüngung, Treibhauseffekt oder Smogbildung sowie zu toxischen Wirkungen auf Mensch und Umwelt ergeben sich aus der zugrundeliegenden Ökobilanz und müssen ebenfalls beschrieben werden.ISO-konforme Ökobilanzen und Typ III Umweltproduktdeklarationen verlangen ein hohes Maß an Transparenz von den Herstellern. Anders als Umweltzeichen, die i.d.R. nur das Produkt oder sogar nur eine Eigenschaft zertifizieren, oder Umweltbilanzen, die nicht auf diesen Normen basieren und in denen sich Hersteller gerne auf die umweltfreundlichen Phasen im Lebenszyklus beschränken und andere ausblenden, bieten Typ III Umweltproduktdeklarationen eine hohe Datensicherheit und erlauben keine Verschiebung von Problemen ins Ausland oder in die Zukunft. Sie verlangen einen hohen organisatorischen Aufwand von den Herstellern. Letztlich liefern jedoch nur EPDs, die auf ISO-konformen Ökobilanzen basieren, eine realistische Basis für eine nachhaltige Planung von Gebäuden.
EPDs für Elastomerdämmstoffe
Für Produzenten von Baustoffen ist die Erstellung einer ISO-konformen Ökobilanz mit einem erheblichen Aufwand verbunden – der vor dem Hintergrund des Klimawandels jedoch essenziell ist. Daher hat z.B. Armacell bereits 2015 als Hersteller elastomerer Dämmstoffe (FEFs) die Nachhaltigkeit seiner Hauptprodukte einer unabhängigen Bewertung unterzogen. Auf Grundlage der EN 15804 und der ISO 14025 sowie gemäß den Vorgaben des Instituts Bauen und Umwelt (IBU) wurden alle Stoffströme von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung an den europäischen Standorten ermittelt. Dafür wurden mehrere tausend Datensätze ausgewertet. Auf dieser Basis wurden EPDs für die ArmaFlex Premiumprodukte erstellt. Anschließend wurden sie samt Hintergrundbericht von einem vom Sachverständigenrat des IBU berufenen, unabhängigen Dritten nach den Grundsätzen der ISO 14025, der EN 15804 und den Programmregeln des IBU auf Vollständigkeit, Plausibilität und Konsistenz geprüft. Die EPDs beinhalten Angaben zum Produktlebenszyklus, Ökobilanzkennwerte und Prüfergebnisse für eine Detailbewertung. Die Gültigkeit von EPDs ist nach EN 15804 auf fünf Jahre begrenzt. Danach müssen sie von einem unabhängigen Institut erneut geprüft und ggf. aktualisiert werden.
Aktualisierte Norm erfordert neue EPDs

Grundlage der aktualisierten Umweltprodukterklärungen ist die Neufassung der Norm EN 15804:2020-03 „Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltproduktdeklarationen – Grundregeln für die Produktkategorie Bauprodukte“, die einige Änderungen für EPDs hinsichtlich der erfassten Phasen des Lebenszyklus mit sich bringt.Während in der Vorgängernorm EN 15804:2012 nur die EPD-Arten „von der Wiege bis zum Werkstor“, „von der Wiege bis zum Werkstor mit Optionen“ und „von der Wiege bis zur Bahre“ verfügbar waren, wurde die aktualisierte Norm (EN 15804:2020-03) um die EPD-Arten „von der Wiege bis zum Werkstor mit den Modulen C1-C4 und Modul D“ sowie „von der Wiege bis zum Werkstor mit Optionen, Module C1-C4 und Modul D“ erweitert.Darüber hinaus werden bei der Wirkungsabschätzung überarbeitete Faktoren und teilweise neue Modelle vorgeschrieben. Außerdem sind nun auch weitere Indikatoren einsehbar. Während bisher z.B. unter dem Indikator „Globales Erwärmungspotenzial (GWP)“ lediglich das gesamte GWP ausgewiesen wurde, wird nun zwischen „Globales Erwärmungspotenzial – total“, „Globales Erwärmungspotenzial – fossile Brennstoffe“, „Globales Erwärmungspotenzial – Biogene“ sowie „GWP aus Landnutzung und Landnutzungsänderung“ differenziert.
Über das Werkstor hinaus
Prüfungen zeigen, dass ArmaFlex Produkte bei korrekter Installation und Verwendung als Referenznutzungsdauer (= Reference ServiceLife, RSL) mit 50 Jahren und mehr angesetzt werden können. Die RSL ist demnach lediglich durch die Lebensdauer der Anlage oder des Gebäudes bzw. eine möglicherweise unsachgemäße Handhabung während der Verarbeitung oder der Bauphase eingeschränkt.Stellt man den Energieeinsatz zur Herstellung der Energieeinsparung während der Einsatzzeit (in-use phase) gegenüber, lässt sich 140 Mal mehr Energie einsparen, als zur Produktherstellung benötigt wird – und unter Umständen sogar darüber hinaus. Denn mit einer Nutzungsdauer von 20 Jahren (Kälte-/Klima-Installationen) bzw. 30 Jahren (Heizungsanwendungen) wurden für diese Berechnung bewusst konservative Annahmen getroffen. Der zur Produktherstellung notwendige Energieaufwand hat sich bereits nach 50 Tagen amortisiert.Ein ähnliches Verhältnis ergibt sich bei der Betrachtung der CO₂-Emissionen: Während seines Einsatzes verhindert ArmaFlex den Ausstoß von 150 Mal mehr Treibhausgas-Emissionen als während seiner Herstellung emittiert werden. Dies lässt sich auch in Kostenvorteilen bzw. Kosteneinsparungen über die gesamte Lebenszeit der Dämmstoffe ausdrücken. Amortisationsberechnungen für typische Anwendungen haben gezeigt, dass die Kosten für die eingesetzte Dämmung bereits nach ca. ein bis zwei Jahren eingespart werden. Grundsätzlich gilt: Bauprodukte sind nicht gut oder schlecht. Ihre Performance, sowohl aus technischer und ästhetischer als auch aus ökologischer Sicht, ist immer im Gesamtsystem zu betrachten. Der bestimmungsgemäße Einsatz von Bauprodukten, ihre Leistungsfähigkeit, Verarbeitbarkeit und das Langzeitverhalten sind für die Planung, Errichtung und Wartung nachhaltiger Gebäude entscheidend.

Mehr über EPDs von Armacell
Die Armacell Umweltproduktdeklarationen sind unabhängigverifiziert worden und öffentlich zugänglich. Sie können unter www.armacell.comepd oder www.ibu-epd.com eingesehen und heruntergeladen werden.
Fazit
Nachhaltige Gebäude emittieren nicht nur weniger CO₂, sie sind auch günstiger zu betreiben und gewinnbringender zu veräußern. Grundlage für die Planung grüner Gebäude sind EPDs, die im Sinne eines Nachhaltigkeitspasses die notwendigen Informationen für die Green Building Programme liefern. Verantwortungsbewusste Hersteller unterstützen den Trend zum nachhaltigen Bauen, indem sie eine bis dato nicht dagewesene Produkttransparenz schaffen. Das Baugewerbe ist eine der rohstoff- und energieintensivsten Industrien. Der Gebäudesektor ist die größte Einzelquelle des weltweiten Rohstoffeinsatzes und größter Verursacher von Treibhausgasemissionen. Rund 30 % aller Rohstoffe werden für die Errichtung und Instandhaltung von Gebäuden eingesetzt; 30 bis 40 % der Treibhausgase resultieren aus dem Bau, der Nutzung oder der Entsorgung von Gebäuden. In den Industrieländern fließt viel Energie in das Verkehrswesen und die Industrie. Der größte Teil – rund 40 % des europäischen Energieverbrauchs – entfällt jedoch auf den Gebäudesektor. Durch nachhaltiges Bauen könnte die Weltbevölkerung ihren ökologischen Fußabdruck maßgeblich verbessern.