Kompakte Thermografiekameras versprechen einfach bedienbare Wärmebildtechnik, meist schon zum kleinen Preis. Was aktuelle Einsteiger-Geräte können und was nicht, zeigt eine Marktübersicht.
Thermografiekameras werden immer leichter und portabler. Der Markt bietet hier sowohl auf Smartphones aufsteckbare IR-Kameraaufsätze als auch IR-Kompaktkameras von der Größe und Form eines Smartphones oder Tablets. Damit hat man stets ein nützliches, flexibel einsetzbares Analyse- und Dokumentationswerkzeug zur Hand. Präzise Temperaturmessungen und professionelle Inspektionen sind zwar nur mit hochwertiger IR-Kameratechnik aus einer deutlich höheren Preisklasse möglich. Für eine erste Einschätzung oder Vorab-Untersuchung eignet sich inzwischen aber auch die Einstiegsklasse, die IR-Auflösungen bis 320 × 240 Messpunkten und mehr bietet. Bei der Kameraauswahl sollte man immer auf die Details achten, um das für die eigenen Zwecke passende Hilfsmittel zu finden. Lokalisieren, inspizieren, dokumentieren Ein reibungsloser Anlagenbetrieb setzt regelmäßige Inspektionen voraus, damit potenzielle Probleme und Schäden früh erkannt und teure Folgeschäden vermieden werden können. Neben konventionellen, zerstörungsfreien Prüf- und Messverfahren (Sichtprüfung, Druck, Schall usw.) hat sich die Infrarotthermografie als Mess- und Inspektionsmethode in den Bereichen TGA, Anlagen- und Industriebau in der Vergangenheit bewährt. Thermografie-, Infrarot- (IR) oder Wärmebildkameras sind dabei vielseitig einsetzbar: für die Lokalisierung von Wärme- oder Kältelecks unzureichend gedämmter Leitungen, für (Gebäude-)Hüllen oder Behälter. Auch Leitungsleckagen, Strömungsblockaden oder überhitzte Stellen (hot spots) an elektrischen Anlagen werden auf dem IR-Kameradisplay schnell erkannt. Per Infrarot-Messtechnik lassen sich Anlagen
inspizieren und deren Zustand dokumentieren, ohne den laufenden Betrieb unterbrechen zu müssen. Thermografische Untersuchungen sichern somit betriebliche Werte, steigern die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit technischer Anlagen und senken die Betriebskosten, z.B. weil unkontrollierte Wärme- oder Kälteverluste abgestellt oder Reinigungs- und Wartungsintervalle optimiert werden können.
Thermografie-Glossar |
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Infrarot-Detektor: Optoelektronisches Bauelement, das Wärmestrahlungin elektrische Signale umwandelt und dadurch messbar macht. Detektoren handgeführter Thermografiekameras bestehen aus Mikrobolometer-Focal Plane Arrays (FPA) – einer Matrix aus winzigen Strahlungsdetektor-Zellen. Je dichter das Matrixraster der in X- und Y-Richtung verteilten Detektorzellen ist, desto höher ist die Infrarot-(IR-)Auflösung des Detektors. Thermische Auflösung/Empfindlichkeit: engl. NETD (Noise Equivalent Temperature Difference), gibt die kleinste Temperaturdifferenz an, die vom Detektor erfasst werden kann. Sie liegt bei Mittelklasse-Kameras zwischen 0,06 und 0,03 Kelvin bei 30 °C. Bei Profigeräten liegt sie unter 0,03 Kelvin. Je kleiner dieser Wert ist, desto geringer ist die Gefahr des Bildrauschens, was die Bildqualität beeinträchtigt. Geometrische Auflösung: engl. IFOV (Instantaneous Field of View), ist abhängig vom Objektiv und definiert die kleinste Messfleckgröße. Das ist jene Fläche auf dem Messobjekt, die aus 1 m Entfernung einer einzelnen Detektorzelle in einem Wärmebild zugeordnet werden kann. Multipliziert man den IFOV-Wert mit der Objektentfernung und einem Korrekturwert für die verwendete Optik, erhält man in mm die Messfleckgröße. Sie entscheidet bei kleinen Objektstrukturen bzw. großen Entfernungen, wie genau gemessen werden kann. |
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High-Tech für die Hosentasche
Technische Neuerungen machen es möglich, dass die ehemals hochsensible und voluminöse IR-Messtechnik inzwischen in ein Gehäuse passt, das kaum größer als eine Streichholzschachtel ist. Die Miniaturisierung wurde u.a. durch die Entwicklung ultrakompakter Infrarot-Detektoren mit Abmessungen von wenigen mm möglich. Auch die integrierte Optik ist kompakter geworden: Während in hochpreisigen IR-Kameras große, schwere und teure Germanium-Linsen mit fokussierbarer Optik verbaut sind, verfügen IR-Kameras der Kompaktklasse meist über ein kleines Silizium-Objektiv mit einstellbarer oder fester Brennweite. Letzteres erübrigt eine Fokussierung auf das Objekt, sodass man nur noch den Auslöseknopf drücken muss. Allerdings mindert es die Bildschärfe, die Bildqualität sowie die Messpräzision. Kompakte Einsteiger-Wärmebildkameras gibt es heute schon für unter 500 Euro. Zahlreiche Anbieter haben ultrakompakte Modelle im Portfolio: Thermografie-Spezialist FLIR offeriert z.B. mit der C5 eine Einsteiger- Wärmebildkamera in der Größe eines Smartphones, das per Touch-Display bedient wird.
Auch Wärmebildkameras im Tabletgehäuse wie die AC060V von Trotec oder die ULIRVISION T2 von irPOD folgen auf dem Touch-Display den Fingergesten des Anwenders. In Smartphones integrierte Wärmebilddetektoren gibt es ebenfalls, wie beim robusten CAT S61 oder S62 Pro. Ein anderes Konzept haben hingegen IRKameraaufsätze. Dabei handelt es sich um IR-Kameras ohne Display, die für die Wärmebildanzeige ein Smartphone oder Tablet nutzen. Die Aufsätze von FLIR, OPGAL oder Seek werden z.B. einfach auf ein Androidoder iOS Smartphone aufgesteckt und verwandeln es in Kombination mit einer dazu passenden App in eine Wärmebildkamera.
Kompaktkameras im Vergleich
Damit man bei der Vielzahl an Bauformen und Modellen nicht die Übersicht verliert, sollte man vor der Auswahl grundlegende Kamera-Parameter vergleichen. Dazu zählt zunächst die radiometrische Auflösung des Infrarot-Detektors. Ähnlich wie bei einer konventionellen Digitalkamera gibt sie an, über wie viele Messpixel in X- und Y-Richtung der Detektor verfügt. Bei kompakten Einsteigerkameras reicht die Auflösung von 80 × 60 IR-Pixel, über 160 × 120 IR-Pixel, bis hin zu 320 × 240 IR-Pixel und mehr. Eine weitere wichtige Größe ist das Sichtfeld. Dieser Wert gibt in vertikaler und horizontaler Richtung den Erfassungsbereich der Optik an. Auch die geometrische Auflösung (IFOV, s. Glossar) entscheidet über die Bildqualität. Sie ist abhängig vom Objektiv. Weitere wichtige Parameter sind der messbare Temperaturbereich, der im Baubereich mindestens zwischen –20 °C und +100 °C liegen sollte, und der NETD-Wert (s. Glossar). Er gibt die thermische Auflösung und damit die kleinste Temperaturdifferenz an, die vom Infrarot- Detektor erfasst werden kann. Diese liegt bei Einsteigerkameras zwischen 0,1 und 0,07 Kelvin. Je niedriger dieser Wert, desto geringer ist die Gefahr des Bildrauschens, was die Bildqualität beeinträchtigt. Die Genauigkeit gibt die Messabweichung in % bei einer bestimmten Temperatur (meist 30 °C) an. Sie nimmt mit hohen oder niedrigen Temperaturen ab. Zu den Kameraeinstellungen sollten mindestens eine exakte Eingabe des materialabhängigen Wärmeabstrahl-Kennwerts (Emissionsgrad), der reflektierten Temperatur sowie optional des Messabstands und der Luftfeuchte gehören. Bei vielen Einsteigermodellen muss man auch hier Abstriche machen. Die Kameraoptik verfügt meist über eine feste Brennweite. Eine Wechseloptik bieten nur wenige Modelle (z.B. InfraTec mobileIR 400, Testboy TV294-160 Digital). Beim Gehäuse sollte man auf kompakte Abmessungen, ein geringes Gewicht und Baustellentauglichkeit (Schutzklasse ab IP 54 = staub- und spritzwassergeschützt) achten. Bei IR-Kameraaufsätzen ist zu bedenken, dass diese den Smartphone- oder Tablet- Akku schnell reduzieren können. Zum Standard-Zubehör gehören i.d.R. ein Netzteil, eine Ladestation, ein Netz- und USB-Kabel und ein stabiles Transportgehäuse. Achten sollte man außerdem darauf, welche Vorab-Analysefunktionen die Kamera bietet und ob auch eine Software für die detaillierte Wärmebildauswertung und die Erstellung von Thermografie-Berichten mitgeliefert wird. Die Preise liegen zwischen 200 Euro und 3.000 Euro – und mehr.
Übersicht Produktvergleich „IR-Kompaktkameras“ >>
Was kann die Kompaktklasse?

Zu den wichtigsten Vorzügen verglichen mit Profimodellen zählen – neben dem Preis – die kompakte Abmessung, das geringe Gewicht und die einfache Bedienung. IR-Einsteigerkameras
sind unkompliziert, weil die Schärfeeinstellung entfällt und sich die Funktionen auf das Wesentliche beschränken. Da man sie umhängen oder in die Tasche stecken kann, lassen sie sich praktisch
überall hin mitnehmen. Nützlich ist auch die Kombination von IR-Kamera mit Smartphone- oder Tablet-Funktionen, da man die Wärmebilder mit den entsprechenden Apps verarbeiten oder direkt versenden kann. Die Detektorauflösung bleibt zwar häufig auf 160 × 120 IR-Pixel oder weniger beschränkt. Einige Geräte weisen aber akzeptable, teils sogar gute Auflösungen bis zu 384 × 288 IR-Pixeln auf (z.B. Fluke TiS60+, InfraTec mobileIR 400, Seek Thermal Reveal Pro) und NETD-Werten mit 0,07 Kelvin und kleiner, die auch für Gutachten nutzbar sind. Mit technischen Tricks und Zusatzfunktionen, wie dem Resolution Enhancement oder der Überlagerung von visuellem Bild und IR-Bild, lässt sich bei einigen Modellen auch die IRAuflösung, respektive der Bildkontrast verbessern. IR-Kompaktkameras können zwar Temperaturunterschiede erkennen, eignen sich aber nicht, um aus der Distanz Temperaturen kleiner Objekte präzise zu messen.
Was sollte der Thermograf können?
Mindestens genauso wichtig wie die Technik ist das Know-how des Thermografen. Denn es ist Fachwissen notwendig, das man sich mithilfe von Literatur oder Schulungen erarbeiten muss. Ohne eine fundierte, nachvollziehbare Analyse und Interpretation sind Thermogramme nur bunte Bilder. Parameter wie Temperaturunterschiede, materialspezifische Emissionsfaktoren oder thermische Spiegelungen an glatten Oberflächen wie Metallen müssen berücksichtigt und eingeschätzt werden. Zudem sind Kenntnisse aus den Bereichen Optik, Wärmestrahlung und -leitung, Materialkunde sowie Gebäude- oder Anlagentechnik erforderlich. Besondere Randbedingungen wie Konstruktionen, Materialien oder Isolierungen können eine korrekte Messung vereiteln und Ergebnisse verfälschen. Deshalb setzt die Aufnahme und Interpretation von Thermogrammen neben Fachwissen auch Erfahrung voraus. Andernfalls kann man schnell die falschen Schlüsse ziehen.
Weitere Infos und Lesetipps |
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