Die Digitalisierung auf bundes- und länderebene schreitet voran und die Automatisierung der Geschäftsprozesse wird nach den Richtlinien der Europäischen Union stufenweise umgesetzt. Für Unternehmen, die Ausschreibungen bedienen und Aufträge über die öffentliche Verwaltung von Bund, Land und Kommunen erhalten, gibt es in Bezug auf die Rechnungsstellung daher klare Vorgaben. Längst gehört der Begriff eRechnung (elektronische Rechnung) zum alltäglichen Sprachgebrauch. Wer aber Geschäfte mit dem Staat tätigen möchte, wird nun auch mit der Bezeichnung XRechnung konfrontiert. Und nicht nur hier, denn auch Großkonzerne der Privatwirtschaft setzen vermehrt auf diese Art der Rechnungsstellung.
EU-Richtlinie als rechtlicher Rahmen
Die Richtlinie 2014/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen musste von den EU-Mitgliedsstaaten bis spätestens zum 27. November 2018 auf den Weg gebracht werden. Dieser Aufforderung ist die Bundesregierung Deutschland mit der E-Rechnungsverordnung (ERechV) vom 13. Oktober 2017 nachgekommen. Gemäß § 3 dieser Verordnung trat die Verpflichtung zur Übermittlung elektronischer Rechnungen an öffentliche Auftraggeber zum 27. November 2020 in Kraft. Seither setzen Bund und Länder diese Vorgaben schrittweise in die Praxis um.
Für Unternehmen, die Lieferungen und Leistungen öffentlicher Auftraggeber ausführen, bedeutet dies, dass sie ihre Forderungen nur noch bezahlt bekommen, wenn die Abrechnung auf Basis einer elektronischen Rechnung erfolgt. Zugestellte Papierrechnungen werden bei Zahlungsvorgängen künftig nicht mehr berücksichtigt. Dies gilt für alle öffentliche Direktaufträge, deren Wert einen Betrag von 1.000 Euro übersteigt.
Um die Rechnungsbegriffe klar zu differenzieren, unterscheidet der Gesetzgeber auf Grundlage der EU-Richtlinie:
1. Eine Rechnung ist jedes Dokument, mit dem eine Lieferung oder eine sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird.
2. Eine elektronische Rechnung ist jedes Dokument im Sinne von Absatz 1, wenn es in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und das Format die automatische und elektronische Verarbeitung des Dokuments ermöglicht.
Ist eine eingescannte Rechnung eine eRechnung?
Eine ausgestellte Rechnung, die durch Scannen oder Drucken in das portable Dokumentenformat (PDF) umgewandelt wird, ist nicht zwangsläufig gleich eine elektronische Rechnung im Sinne der Verordnung. Vielmehr handelt es sich hierbei lediglich um eine bildhafte Darstellung des Originaldokuments. Ebenso könnte dieses in Bildformate, wie JPEG oder TIF konvertiert werden. Diese Darstellungen gleichen visuell den Inhalten der ausgedruckten Papierrechnung. Sie sind zwar elektronisch übermittelbar, aber ermöglichen dem Empfänger nicht zwingend eine automatisierte elektronische Weiterverarbeitung der enthaltenen Daten in seinem Buchhaltungssystem.
Bei einer eRechnung, wie diese nach EU-Norm definiert ist, müssen nicht nur die Übermittlung und der Empfang elektronisch funktionieren, sondern sie muss auch nahtlos elektronisch weiterverarbeitet werden können. Bedeutet, sie muss sich ohne weitere Zusatzprogramme in die Verarbeitungssysteme des Empfängers importieren, dort maschinell auslesen und verarbeiten lassen. Für diese technische Lesbarkeit steht das strukturierte XML-Format. Eine eRechnung ist also eine in einem XML-Datensatz erstellte Rechnung, die zwar von den Systemen, aber in dieser Form nicht vom Menschen lesbar ist. Dieser XML-Rechnungsdatensatz kann nachträglich durch entsprechende Visualisierungsprogramme bildhaft dargestellt werden – also auch als PDF wiedergegeben werden.
EU-Länder definieren nationale Standards
Nach den EU-Vorgaben ist jeder Mitgliedsstaat verpflichtet die Annahme von eRechnungen für sich umzusetzen. Somit definieren alle EU-Länder ihren eigenen nationalen Standard mit den jeweils länderspezifischen Anforderungen. Diese werden als CIUS (Core Invoice Usage Specification) bezeichnet. Um die Vorgaben der europäischen Norm (EN) 16931 umsetzen zu können, wurde für den Standard in Deutschland die Bezeichnung XRechnung festgelegt. Alle öffentlichen Auftraggeber auf bundes-, länder- sowie kommunaler Ebene verwenden diese in der E-Rechnungsverordnung (ERechV) des Bundes festgehaltene Normkennzeichnung.
XRechnung als deutsches Pendant
Eine XRechnung ist somit die maschinell aufgeschlüsselte Ausgestaltung einer eRechnung. Alle Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die an öffentliche Auftraggeber gerichtet sind, müssen grundsätzlich als XRechnung übergeben bzw. übermittelt werden. Entweder direkt als XML-Dokument, welches die automatisierte Weiterverarbeitung ermöglicht oder als PDF-Dokument, welches die entsprechenden Voraussetzungen für den elektronischen Standard der XRechnung erfüllt. Dies ist beispielsweise mit dem hybriden Datenformat ZUGFeRD (Zentraler User Guide Forum elektronischer Rechnung Deutschland) möglich. Dieses Format integriert die XML-Struktur der Rechnungsdaten in einem PDF/A-3-Dokument. Damit erfolgt der Rechnungsversand als visuelles PDF-Dokument, das aber gleichzeitig die maschinenlesbare Version der Rechnung beinhaltet. Dadurch ist die elektronische Weiterverarbeitung der Daten problemlos möglich.
Erstellung einer XRechnung
Zur rechtssicheren Erstellung einer XRechnung bestehen mehrere Möglichkeiten. Dazu zählen Rechnungsprogramme mit Excel-basierten Lösungen und Vorlagen verschiedener Cloud-Anbieter, die Bearbeitung über gängige Buchhaltungsprogramme oder auch einfache XRechnungs-Generatoren. Es gibt eine große Auswahl an Lösungen. Jeder Unternehmer ist hier gefordert, die für ihn passende Auswahl zu treffen. Unabhängig von der Entscheidung müssen in der XRechnung als XML-basierter Datensatz zunächst alle Angaben vorhanden sein, die auch sonst für die ordnungsgemäße Rechnungserstellung gelten. Gemäß ERechV gehören neben den umsatzsteuerrechtlichen Rechnungsbestandteilen eine Leitweg-Identifikationsnummer (Leitweg-ID), die Bankverbindung, Zahlungsbedingungen und E-Mail-Adresse bzw. De-Mail-Adresse des Rechnungsstellers zum zwingenden Inhalt. Die Leitweg-ID erhält der Rechnungssteller in der Regel mit Auftragsvergabe. Sie beinhaltet die Kennungen für Bundesland, Regierungsbezirk, Landkreis, Gemeinde, Behörde oder Institution und eine Prüfziffer. Diese eindeutige Nummer dient zur automatisierten Übermittlung der XRechnung an die entsprechende Auftragsvergabestelle.
Wie kann die erstellte XRechnung übermittelt werden?
Von den Bundesbehörden wurden die europäischen Vorgaben bereits komplett umgesetzt. Rechnungssteller an öffentliche Auftraggeber Bundes sind laut ERechV und dem Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet ein Verwaltungsprotal für die elektronische Rechnungsübermittlung zu verwenden. Momentan bietet der Bund zwei, für Rechnungssteller kostenlose, Plattformen an.
1. ZRE (Zentraler Rechnungseingang des Bundes)
Für die Einrichtungen der unmittelbaren Bundesverwaltung die verpflichtend zu nutzende zentrale Rechnungseingangsplattform.
2. OZG-RE (Onlinezugangsgesetz konforme Rechnungseingangsplattform).
Ein optionales Angebot des Bundes, welches Rechnungen an angeschlossene Einrichtungen und teilnehmende Bundesländer weiterleitet.
Bundesländer, die nicht am OZG-RG des Bundes teilnehmen, stellen in der Regel ihre landeseigenen Serviceportale zum zentralen Rechnungseingang. Auf Landes- und Kommunalebene sind die Empfangsmodalitäten für XRechnungen noch nicht flächendeckend realisiert. Einige Bundesländern, darunter Baden-Württemberg, Brandenburg und das Saarland, gehen zum 1. Januar 2022 an den Start. Unternehmen sollten sich daher ganz gezielt informieren, ab welchem Stichtag die Übermittlung einer XRechnung in ihrem Bundesland bzw. Landkreis, Stadt oder Gemeinde zur Verpflichtung wird. Informationen bieten die Bundesministerien des Inneren, für Bau und Heimat sowie der Finanzen über die Webseite des Bundes.
Über die jeweils zur Verfügung stehenden Portale lassen sich die erstellten XRechnungen über unterschiedliche Kanäle übermitteln. Voraussetzung ist eine einmalige Registrierung auf der betreffenden Rechnungsempfangsplattform. Danach kann die Datei entweder über ein Webformular hochgeladen oder per E-Mail übertragen werden. Zudem steht der grenzüberschreitende Übertragungskanal PEPPOL (Pan-European Public Procurement OnLine) zur Verfügung. Dieser Webservice ist ein Standardverfahren für öffentliche Vergabeverfahren innerhalb der Europäischen Union.
Aufbewahrungsfristen beachten
Alle übermittelten Rechnungen müssen unverändert in dem Format aufbewahrt werden, in welchem sie versendet wurden. Dies gilt ebenso für rechnungsrelevante Anlagen, die im Rechnungsdatensatz eingebettet sind. Die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen sind auch hier zu beachten. Anschreiben, wie z. B. bei der E-Mail-Übertragung, müssen nicht archiviert werden, solange diese keine für die Rechnung maßgebenden Daten enthalten.
XRechnung bald flächendeckend eingesetzt?
Die elektronische Rechnung ist da und damit steht fest, eine Rechnung an öffentliche Auftraggeber, die nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, wird nicht bezahlt. Die XRechnung wird sich mit rasanten Schritten bis in die unteren Verwaltungsebenen sowie auf staatliche Institutionen, wie Krankenhäuser, Schulen, Schwimmbäder und andere ausweiten. Aber nicht nur hier, denn auch einige namhafte Großunternehmen haben sich bereits dafür entschieden ebenfalls auf die elektronische Übertragungsvariante der XRechnung umzusteigen. Daher sollten auch kleine und mittelständische Handwerksbetriebe den digitalen Schritt zur Automatisierung der Geschäftsprozesse zeitnah mitgehen.