
TI: Herr Gürtler, ab Oktober 2022 ist die neue Verordnung der Bundesregierung „Verordnung zur Sicherheit der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen“, kurz EnSimiMaV gültig. Welche Maßnahmen zur Energieeinsparung werden dort gefordert?
Andreas Gürtler: Die beiden Verordnungen der Bundesregierung bilden neben der Befüllung der Gasspeicher und der Senkung des Erdgasverbrauchs in der Stromerzeugung die dritte Säule des Energiesicherungspakets. Dabei geht es darum, möglichst schnell, aber mindestens mittelfristig, die Potenziale für mehr Energieeffizienz von Heizungsanlagen und Sofortmaßnahmen zur Energieeinsparung in der Wirtschaft bis 2024 zu heben. Die Verordnung gibt Unternehmen dafür nicht viel Zeit. So müssen Unternehmen zum Beispiel in Energieaudits bereits identifizierte Maßnahmen, die eine Amortisationszeit von rund 2 Jahren haben, jetzt innerhalb von nur 18 Monaten umsetzen und das nachweisen.
TI: Besonders die „Umsetzung wirtschaftlicher Energieeffizienzmaßnahmen in Unternehmen“ ist für die Branche der Technischen Isolierung interessant. Was wird dort verlangt und welche Unternehmen werden zum Handeln aufgefordert?
Andreas Gürtler: In den rund 2.500 TIPCHECKs (Technical Insulation Performance Checks) hatten wir bei den früheren Energiepreisen von nur 3 Cent pro Kilowattstunde bereits durchschnittlich nur 2 Jahre Payback und bei ungedämmten Armaturen oder Flanschenpaaren häufig auch noch viel kürzere von ein paar Monaten. Wenn wir heute davon ausgehen, dass viele Unternehmen im nächsten Jahr mindestens das doppelte und häufig sogar das drei- bis vierfache bezahlen müssen, schrumpfen die Amortisationszeiten auf durchschnittliche unter 1 Jahr. D. h. Kunden, die aus Priorisierungsgründen noch nicht die Zeit gefunden haben, die in einem TIPCHECK identifizierten Potenziale durch das Optimieren ihrer Dämmung zu heben, müssen jetzt innerhalb der nächsten 18 Monate handeln und ihren Isolierer anrufen.
Mit der TBI-App bieten wir unseren Isolierern und deren Kunden zudem die Möglichkeit, schnell und unkompliziert einfach schnell selbst zu checken, wo ihnen die Energie „um die Ohren fliegt“. Wer jetzt wartet verliert Geld, wer schnell handelt spart schnell.
TI: Ist die Durchführung eines Energieaudits nach DIN EN 16247-1 für diese Unternehmen verpflichtend?
Andreas Gürtler: Die Verordnung verpflichtet Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresenergieverbrauch von 10 Gigawattstunden oder mehr zur Umsetzung. Das ist bereits eine mittlere Molkerei. Die mussten auch bisher schon aufgrund Artikel 8 der Europäischen Energieeffizienzrichtlinie entweder alle vier Jahre ein Energieaudit durchführen oder haben ein Energie- oder Umweltmanagement nach z.B. ISO 50001 eingeführt. Alle wirtschaftlichen Einsparmaßnahmen, die dabei identifiziert wurden und bis heute noch nicht umgesetzt wurden, müssen sie jetzt realisieren.
TI: Umsetzungs- und Verbesserungspotentiale sind durch konkrete Maßnahmen innerhalb von 18 Monaten für diese Unternehmen umzusetzen. Gibt es Förderungsmöglichkeiten?
Andreas Gürtler: Ja, die gibt es im Modul 1 für Querschnittstechnologien zum Beispiel. Wir reden gerade zusammen mit dem Technischen Ausschuss des HDB und dem ZDB direkt mit dem BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klima) über eine Vereinfachung der Antragsstellung und unkomplizierte Fördergenehmigung, um dieses Modul noch attraktiver zu machen. Außerdem entwickeln wir Ideen, wie die bestehenden Förderprogramme für Planungsleistungen und Energieaudits auch für die Finanzierung von TIPCHECK-Energie-Audits genutzt werden kann.
TI: Wie kann die Dämmtechnik-Branche einen wertvollen Beitrag leisten? Gibt es aktive Unterstützungsmöglichkeiten, um den betreffenden Unternehmen schnell Einsparpotentiale aufzuzeigen und diese möglichst schnell zu heben?
Andreas Gürtler: Wir haben mit der EiiF und unseren TIPCHECK engineers ein zweiseitiges Informationsblatt entwickelt, dass jeder TIPCHECK engineer, jedes Unternehmen und auch jeder Verband für sich nutzen und verteilen kann. Wir zeigen darin am Beispiel von 30 ungedämmten Armaturen auf, wie Dämmungen insbesondere im Verlauf der Zeit ein vielfaches dessen wieder einspielen, was sie selbst gekostet haben. Die Botschaft ist so einfach wie richtig: „Einmal investieren, jahrelang sparen“ und das gilt beim Investieren nur für das Geld. Jahrelang sparen hingegen gilt für alles: Geld, Energie und CO2-Emissionen.
TI: Im März 2023 findet parallel zur ISH das Branchenevent TI Expo + Conference statt. Was können Teilnehmer der TI Conference inhaltlich erwarten?
Andreas Gürtler: Ich freue mich sehr, dass wir bereits im März in Frankfurt die Chance bekommen, möglichst viele Planer, Architekten, Energieverantwortliche und natürlich nicht zuletzt unsere Isolierer vor Ort und live zu informieren. Die Reise wird sich für jeden lohnen.
Kompakt informieren wir neben neuen Standards wie der überarbeiteten DIN 4140 oder der VDI 4610 Energieeffizienzklassen-Richtlinie über Fördermöglichkeiten von Dämm- und Auditmaßnahmen. Wir stellen Praxisbeispiele vor, Tools wie die TBI-App und wer dann noch schnell rüber auf die ISH gehen möchte, weil er sich von seiner alten Gasheizung befreien und über Alternativen informieren möchte, kann das – wo er oder sie schon mal da ist – gleich nebenan auch noch tun. Natürlich hoffen wir auch auf Besucher der ISH, die zu uns kommen. Auch das könnte für den ein oder anderen Isolierer ein guter Grund sein, in Frankfurt mit von der Partie zu sein.