Blick auf einen Trockenbau-Decke
Quelle: Karlheinz Kermann

Der gemeine Bauschaden 4. May 2023 Ausschreibungen und Aufmaß auf Grundlage der VOB

Auch in dieser Folge des „gemeinen Bauschadens“ soll ein Bereich aus meiner Sachverständigentätigkeit, bei dem es häufiger zu unterschiedlichen Standpunkten kommt, näher erläutert werden. Hierbei handelt es sich um Streitfragen über die Ausschreibung und das Aufmaß von Wärme-, Kälte-, Schallschutz- sowie Brandschutzarbeiten in der technischen Isolierung, die als Vertragsgrundlage die VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) haben – letzte aktuelle Fassung 2019. Dabei gibt es verschiedene Gründe, die zu Diskussionen führen, aus denen dann wiederum Anfragen an öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige resultieren.

In der ATV (allgemeine technische Vertragsbedingungen) DIN 18421, welche für das WKSB-Handwerk „zuständig“ ist, sind die Festlegungen so kurz wie möglich gehalten, damit das Gesamtwerk überschaubar bleibt. Dennoch gibt es Unstimmigkeiten bei Begriffsdefinitionen und Aufmaßbestimmungen.

Der gemeine Bauschaden

In der Reihe "Der gemeine Bauschaden" geht es um typische Schäden, die in der technischen Isolierung bei der Planung oder Ausführung auftreten. Die Beiträge zeigen die Gründe auf und geben Tipps, wie man die entsprechenden Bauschäden vermeiden kann.

Beispiel 1: Das Passstück

Unter den Formteilen, die extra ausgeschrieben werden sollen, gibt es den Begriff des „Passstückes“. Die genaue Definition dafür lautet: „Teil des Dämmsystems mit vom Standard abweichenden Abmessungen“.

Das bedeutet, wenn bei einer alukaschierten Mineralfaserschale mit einer Standardlänge von 1,20 m ein Stück mit 1,10 m abgeschnitten und montiert wird, handelt es sich um eine Passlänge. Ist die Standardlänge des Herstellers 1,00 m für die alukaschierte Mineralfaserschale, so muss die Passlänge kleiner 1,00 m sein. Bei FEF-Schläuchen (flexbile elastomer foam) kann die Standardlänge 2,00 m betragen, d.h. hier ist eine Passlänge mit 1,90 m möglich.

Blick auf einen Trockenbau-Decke
Abb. 1: Eine Möglichkeit beim Aufmaß der Leistung: Entweder wird der „Ausschnitt“ als Formteil gemessen oder das „Passstück“, aber nicht beide Formteilpositionen. (Quelle: Karlheinz Kermann)

Bei der Ausführung von Rohrdämmungen mit alukaschierten Mineralfaserschalen bei den Rohrgrößen mit äußerem Durchmesser wie z.B. Ø 15, Ø 18, Ø 21, Ø 22 und Ø 28 und einer Dämmdicke von 20 mm ergibt sich folgende Situation. Bei 20 mm Dämmdicke kann die Dämmschale nicht über die Rohrhalterung montiert werden, da der Aufbau bzw. der äußere Durchmesser der Rohrhalterung bedingt durch die Gummiunterlage nahezu den äußeren Durchmesser der Mineralfaserschale erreicht.

In der Praxis wird daher die Mineralfaserschale beidseitig der Rohrhalterung direkt angestoßen bzw. auch etwas über die Rohrschelle überkragend montiert. Danach wird der Schalenstoß mit Aluklebeband direkt zur Rohrabhängung abgeklebt. Hier entsteht jeweils zwischen zwei Rohrhalterungen eine Passlänge.

Aus meiner Sicht können beim Aufmaß der Leistung zwei Möglichkeiten zum Zuge kommen. Entweder wird der „Ausschnitt“ als Formteil gemessen oder das „Passstück“, aber nicht beide Formteilpositionen (Abb. 1).

Beispiel 2: Formstück "Abzweig"

Ebenso gilt aus meiner Sicht, dass bei einer blechummantelten Rohrleitungsdämmung bei einem Abzweig oder T-Stück der Ausschnitt des Hauptrohres ein Bestandteil des Formstückes „Abzweig“ ist und nicht extra als Ausschnitt gewertet werden darf. Denn ein T-Stück bedingt immer einen Ausschnitt im Hauptrohr (Abb. 2).

Abb. 2: Bei einer blechummantelten Rohrleitungsdämmung bei einem Abzweig oder T-Stück ist der Ausschnitt des Hauptrohres ein Bestandteil des Formstückes „Abzweig“. (Quelle: Karlheinz Kermann)

Der Beitrag ist in Ausgabe 1.2023 der Fachzeitschrift TI – Technische Isolierung (Februar 2023) erschienen. Weitere Beispiele lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben.

zuletzt editiert am 04.05.2023