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"Der Anspruch an die Isolierung ist deutlich gestiegen"

Herr Haushälter, Sie sind mit 37 Jahren ein relativ junger Chef. Wie kam es dazu, dass Sie einen Isolierbetrieb leiten?

René Haushälter: Wie so häufig im Leben war das reiner Zufall. Ich bin eigentlich gelernter Maler und Lackierer. Die Ausbildung hat Spaß gemacht, aber leider war von Anfang an klar, dass man mich danach aus Kostengründen nicht übernehmen kann. Als ich fertig war – das war im Herbst 2004 – musste ich kurzfristig irgendwo Geld verdienen.

Zu Isoliertechnik Fritz Hartmann bin ich durch meinen Vater gekommen, der hier seit Jahrzehnten als Isolierer arbeitet. Er hat bei meinem jetzigen Geschäftspartner, Frank Novender, angefragt, ob er einen Bauhelfer braucht. Das hat geklappt und letztendlich bin ich nie wieder weggegangen.

Das heißt: Sie haben als Aushilfe angefangen und sind rund 18 Jahre später Geschäftsführer – und Chef Ihres Vaters?

Es klingt etwas komisch, aber so ist es. Mein Vater wird nächstes Jahr 60 Jahre alt. Dass es „Herrn Haushälter“ zwei Mal in der Firma gibt, hat schon das ein oder andere Mal zu einer komischen Situation geführt. Manche denken auch, mein Vater sei der Chef und nicht ich. Im Arbeitsalltag macht es aber gar keine Probleme – und mein Vater ist natürlich stolz, dass ich die Firma leite.

Wie sah dieser karrieretechnische Aufstieg in der Firma genau aus?

Als Bauhelfer habe ich zunächst nur Hilfsarbeiten gemacht. Der Meister, mit dem ich lange mitgefahren bin, musste jedoch irgendwann auf eine andere Baustelle. Da es niemanden gab, der unsere bisherige Baustelle weiter betreuen konnte, wurde ich ins kalte Wasser geschmissen und habe die Betreuung – letztendlich für mehrere Jahre – übernommen. Irgendwann hat mich Herr Novender angesprochen, ob ich ihn nicht im Büro unterstützen will.

Sie sind gelernter Handwerker. Hatten Sie Lust auf einen Bürojob?

Zu Anfang konnte ich mir das gar nicht vorstellen. Ich habe mich auf der Baustelle sehr wohl gefühlt. Aber ich wollte mir das Ganze natürlich trotzdem mal ansehen. Zuerst habe ich als technischer Angestellter unterstützt. Nach zwei Jahren bin ich Prokurist geworden und mittlerweile eben Geschäftsführer. Aktuell kann ich mir nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Der Job liegt mir. Ich rede gerne und viel, das ist in dem Beruf und in der Position nicht verkehrt. Die Firma nach außen zu vertreten, insbesondere gegenüber den Kunden, ist eine der schönsten und angenehmsten Seiten des Berufs.

Übrigens habe ich während der Corona-Zeit tatsächlich noch meine Gesellenprüfung in WKS-Isolierung abgelegt. Ich dachte mir: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Dazu herzlichen Glückwunsch! Mussten Sie nochmal die Schulbank drücken?

Aufgrund meiner bisherigen Erfahrung musste ich dafür nur die Prüfung machen – die ich nach einem Intensivkurs am BZB in Krefeld geschafft habe. Auch wenn ich den Schein für meinen Job als Geschäftsführer nicht wirklich brauche, ist es schön, den Abschluss in der Tasche zu haben.

Die Firma Isoliertechnik Fritz Hartmann hat ihren Sitz in Mönchengladbach. Der Großteil der Projekte liegt in NRW. - © TI / Rudolf Müller
Die Firma Isoliertechnik Fritz Hartmann hat ihren Sitz in Mönchengladbach. Der Großteil der Projekte liegt in NRW.

Die Firma hat mit Ihnen einen jungen Nachfolger gefunden. Wie sieht es ansonsten mit dem Nachwuchs aus?

Wie bei allen Handwerksbetrieben ist das nicht leicht. Wenn wir neue Leute finden, läuft das häufig über Empfehlungen oder Kontakte – wir haben z.B. drei Brüder, die für uns arbeiten. Bei mir war es dieselbe Situation, mein Vater war ja schon hier. Fachkräfte oder Nachwuchs von außen zu gewinnen, ist leider schwer. Aktuell haben wir immerhin sechs Auszubildende.

Das ist doch schon mal was, oder?

Ja, das ist in Ordnung. Für uns hat die Ausbildung aber auch einen hohen Stellenwert. Die Arbeit, die wir früher in die Neukundenakquise gesteckt haben, investieren wir heute in die Nachwuchssuche. Das ist auch wichtig, denn ohne Nachwuchs hat das Handwerk keine Zukunft. Hier sind alle gefragt: Die Branche kann nicht auf der einen Seite meckern, dass es keinen Nachwuchs gibt, und auf der anderen Seite nicht ausbilden. Ich versuche immer, drei bis vier Auszubildende pro Jahr zu bekommen, da erfahrungsgemäß einige auf der Strecke bleiben.

Was tun Sie konkret, um Nachwuchskräfte anzuwerben?

Wir machen alles! Wir gehen in die Schulen, wir beteiligen uns an Ausbildungsmessen, wir laden Schulen zu uns ein, wir bieten Betriebspraktika an und sind in jeder Ausbildungsbörse gelistet etc. Nichtsdestotrotz: Kaum ein junger Mensch kann mit Isoliertechnik etwas anfangen. Das macht es nicht einfacher. Für das kommende Ausbildungsjahr sieht es derzeit leider noch düster aus: Aus den drei Bewerbungen, die bisher eingegangen sind, ist nichts geworden. Entweder weil die Bewerber nicht geeignet waren oder nicht zum Probetag erschienen sind.

Erleben Sie so etwas öfter?

Es kommt leider immer wieder vor. Früher war das noch etwas anders, da waren häufig die Eltern viel stärker hinterher, dass die Kinder sich bei sowas gescheit anstellen. Natürlich kann ich von einem 16-Jährigen nicht dasselbe Verantwortungsbewusstsein erwarten wie von einem Dreißigjährigen, der vielleicht schon Kinder hat. Aber hier müsste sicherlich mehr Druck von Zuhause kommen. Fairerweise muss man aber dazu sagen: Natürlich sind bei weitem nicht alle so. Mit unseren sechs Auszubildenden, die wir aktuell haben, sind wir zufrieden.

Ihre Firma ist im TGA-Bereich zu Hause. Sind Sie auf etwas spezialisiert?

Nein, im Bereich Technische Gebäudeausrüstung machen wir eigentlich alles. Im industriellen Bereich oder in Wohnhäusern sind wir hingegen fast gar nicht unterwegs. Meistens arbeiten wir bei Großprojekten mit. Tatsächlich haben wir viele Referenzprojekte im Sportbereich, z.B. haben wir die Arena auf Schalke ausgestattet oder das Tivoli in Aachen.

Welche Projekte betreuen Sie aktuell?

Derzeit sind wir im Viktoria Karree in Bochum tätig. Hier entsteht ein völlig neues Geschäftsquartier. Wenn wir Projekte haben, sind diese meist in Nordrhein-Westfalen. Früher waren wir auch auf Montage, aber das machen wir kaum noch. Es ist ohnehin schwer, Arbeitskräfte zu finden. Und die meisten – vor allem die mit Familie – wollen nicht für längere Zeit weg. An sowas sind schon Ehen kaputtgegangen.

Der Isolierbranche geht es gut, aber die meisten Betriebe haben ähnliche Probleme, etwa Nachwuchsmangel. Was müsste sich ändern, um solche Herausforderungen zu meistern?

Ich habe auch nicht die Musterlösung. Aktuell ist es aber so, dass viele noch ihr eigenes Süppchen kochen. In meinen Augen wäre es wichtig, dass die Branche bei solchen Herausforderungen enger zusammenrückt, sich austauscht und gegenseitig unterstützt. Natürlich sind wir immer noch Wettbewerber, aber sowas wuppt man nur gemeinsam.

Vielleicht könnte man in Bezug auf den Nachwuchsmangel über die Innungen gemeinsam Werbekampagnen starten, die unseren Beruf der breiten Masse zugänglicher machen. Es muss auf jeden Fall was passieren. Ein besserer Austausch könnte uns bei vielen Herausforderungen helfen.

Herr Haushälter, vielen Dank für das Gespräch.

Online wurde nur ein Auszug des Interviews veröffentlicht. Das vollständige Interview ist in Ausgabe 3.2022 der Fachzeitschrift TI – Technische Isolierung (August 2022) erschienen. Darin sprechen wir mit René Haushälter über Möglichkeiten, Fachkräfte anzuwerben und zu halten sowie über aktuelle Themen der Isolierbranche und die Auswirkungen auf die Auftragslage und Projekte in seinem Isolierbetrieb.

Das Interview ist im Rahmen der Rubrik "Aufmaß" erschienen: In dieser Interviewreihe sprechen wir mit Menschen aus der Branche über ihren Werdegang, aktuelle Herausforderungen und Zukunftsperspektiven.