Das deutsche WKSB-Team direkt nach der Prüfung: Aus Kennenlernen in Nördlingen wurde in Roskilde ein Europameister-Duo.
Eine Woche Training in Nördlingen, zwei Tage Hochspannung in Roskilde: Beim europäischen WKSB-Wettbewerb holen Jacqueline Baden und Julian Brükner den Titel für das deutsche Isolierhandwerk. Aus Trainerperspektive zeigt der Beitrag, was gezieltes Coaching, digitale Blechbearbeitung und der Vergleich mit neun anderen Nationen für Nachwuchs, Betriebe und Branche bedeuten. Karlheinz Kermann
Als unser Team Europameister wurde, war ich für einen Moment einfach Trainer – jemand, der zwei jungen Menschen beim Wachsen zusehen durfte. Auf der Bühne in Roskilde standen Jacqueline Baden und Julian Brükner – und man sah ihnen an, wie viel Arbeit dahintersteckt.
Der Wettbewerb findet alle zwei Jahre statt. Seit 2016 dürfen wir jeweils zwei Bundessieger des ZDB entsenden. Für Roskilde hieß das: Jacqueline Baden, Bundessiegerin 2023, und Julian Brükner, Bundessieger 2024. Zwei starke Persönlichkeiten – aus denen in kurzer Zeit ein Team werden musste.
Wir haben beide ins Ausbildungszentrum nach Nördlingen eingeladen. Eine Woche lang hieß es dort: kennenlernen, zusammenarbeiten, Fehler machen dürfen – und lernen. Wir konnten gezielt üben: Zuschnitt, Dämmung, Blechentwicklung, knifflige Details. Beide waren hochmotiviert, kritisch mit der eigenen Arbeit und jederzeit offen für Hinweise.
Training im Ausbildungszentrum
In Nördlingen haben wir möglichst nah an der späteren Wettbewerbssituation gearbeitet. Die Konstruktion: eine komplexe Anordnung aus Behälter, Rohrleitungen, Armaturen und Formteilen – ein Prüfstück, bei dem Maßaufnahme, passgenaue Dämmung, durchdachte Stöße und Versätze sowie Blechentwicklung mit Software und Maschine gefragt sind. Aufgaben wurden aufgeteilt, Ergebnisse gegenseitig kontrolliert. Als Trainer gibt man Impulse, muss das Team aber auch laufen lassen.
Anreise und erste Begegnungen
Am 7. Oktober ging es Richtung Dänemark. Nach Anreise, Briefing und Sicherheitsunterweisung standen wir mit zehn Mannschaften aus ganz Europa in der Halle.
Am Nachmittag wurden alle Teilnehmer in die Eingabesoftware von Mabi und Schwartmanns eingewiesen. Sämtliche Alu-Bleche wurden maschinell vorgerichtet. Digitale Zuschnittsysteme gehören inzwischen in Werkstatt und auf Baustelle dazu.
Der Abend stand im Zeichen des Team-Buildings. Die dänischen Kollegen hatten eine ungewöhnliche Aktion vorbereitet: Alle Wettbewerbsteilnehmer trafen sich in einer Metzgerei, um gemeinsam Würste zu produzieren – und später zu essen.
Auf der Bühne in Roskilde standen Jacqueline Baden und Julian Brükner – und man sah ihnen an, wie viel Arbeit dahintersteckt.
Tag 1: Dämmung unter Zeitdruck
Die Vorgabe für den ersten Tag lautete: Die komplette Dämmung muss fertig sein. Für uns in der Jury ist das wichtig, weil wir die Dämmarbeit am Abend unabhängig von der Blechummantelung bewerten. Entscheidend sind Maßhaltigkeit, saubere Fugen und Anschlüsse, fachgerechte Ausführung an kritischen Stellen sowie Ordnung und Arbeitssicherheit.
Alle zehn Teams schafften es, die Dämmung rechtzeitig abzuschließen. Der Zeitdruck, das Wissen, dass jede Kleinigkeit zählt – all das spürt man in der Halle. Als Trainer beobachte ich dabei vor allem: Wie bleiben meine beiden ruhig, wie lösen sie Probleme, wenn etwas nicht auf Anhieb passt? Bei Jacqueline und Julian war zu sehen: Sie ergänzen sich, sprechen vieles ab, kontrollieren sich gegenseitig.
Tag 2: Blech, Laser und Feinarbeit
Der Donnerstag gehörte komplett den Blechummantelungen. Die Bleche durften zwar schon am ersten Tag zugeschnitten werden, montiert werden durfte aber erst jetzt. Gerade die Laseranlage zeigte, wohin die Reise geht: präziser Zuschnitt, wiederholgenau, direkt aus der Software angesteuert – aber nur so gut wie die eingegebenen Daten.
Am Nachmittag merkte man allen Teams an, dass es jetzt um die letzten Details ging: Bördelsäume nacharbeiten, Falze schließen, Kanten kontrollieren, Oberflächen reinigen.
Die Entscheidung am Abend
Ab 19:30 Uhr trafen sich alle Beteiligten zum Galadinner im Kongresszentrum von Roskilde. Die Spannung im Saal war deutlich zu spüren, als die Platzierungen verlesen wurden: Das Team des HDB erreichte einen starken 3. Platz, die Mannschaft aus Polen wurde Vize-Europameister – und dann kam die Ansage, auf die wir gehofft hatten: Unsere beiden Vertreter des ZDB wurden Europameister.
Als Trainer und Jurymitglied kennt man die Bewertungsbögen und weiß, wie knapp es oft zugeht – und freut sich trotzdem einfach nur mit seinem Team. Der Jubel, die Umarmungen, die Fotos mit Urkunden, Medaillen und Akkugeräten als Siegerprämien: Genau für solche Momente betreiben wir diesen Aufwand.
Was dieser Wettbewerb bringt
Natürlich geht es bei einer Europameisterschaft um Titel und Punkte. Aus meiner Sicht als Trainer und Juror bringt der Wettbewerb aber vor allem Motivation für den Nachwuchs, Vorbilder, Signale an die Betriebe und einen Blick über den Tellerrand: Im Vergleich mit anderen Ländern wird deutlich, wo wir stark sind und wo wir nachjustieren können.
Nicht zuletzt geht es um Völkerverständigung. Wenn zehn Teams aus ganz Europa gemeinsam arbeiten, lernen, Würste drehen und am Ende feiern, entsteht ein Gemeinschaftsgefühl.
Persönliches Fazit
Für mich war Roskilde 2025 eine Bestätigung, warum ich das Engagement als Trainer und Jurymitglied so gerne übernehme. Man sieht junge Menschen wachsen, erlebt, wie aus zwei Bundessiegern ein Team wird – und wie sehr unsere Branche davon profitiert, wenn wir Spitzenleistungen sichtbar machen. Jacqueline und Julian haben mit ihrem Europameistertitel ein Zeichen gesetzt: für das deutsche Isolierhandwerk, für ihre Betriebe und für alle, die tagtäglich auf Baustellen in ganz Europa dafür sorgen, dass Energie effizient genutzt wird.
Foto: Karlheinz Kermann
Die Wettbewerbsaufgabe im Detail: Apparate- und Rohrisolierung auf höchstem Niveau – Präzision, Tempo und Teamarbeit entscheiden über den Europameistertitel.
Foto: Brükner
Strahlende Gesichter bei der Siegerehrung der FESI European Industrial Insulation Championship – der Europameistertitel geht an das Team aus Deutschland.
Über den Autor
Karlheinz Kermann
Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und Meister für das Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutzisolierhandwerk, TIPCHECK engineer of EiiF
Foto: Kermann
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